Gobi Trip Teil 3 - Buddhistische Mönche und kleine Wrestler

Das Aufstehen und Frühstück benötigte an diesem Morgen etwas mehr Zeit als gewöhnlich. Ein Blick in die müden Gesichter meiner Mitreisenden reichte als Beweis, dass es eine gute Entscheidung gewesen war bei meinem Bier zu bleiben. Nach dieser wenig erholsamen Nacht stand uns eine lange und unwegsame Autofahrt zum "Weißen See" bevor. Vorher besichtigten wir noch das älteste buddhistische Kloster der Mongolei, Erdene Zuu. Einst lebten hier, vor den Toren der ehemaligen Hauptstadt Karakorum, über 1000 Mönche, doch auch dieser Ort fiel der stalinistischen Säuberung 1937 zum Opfer. Seit 25 Jahren ist es wieder in Betrieb und einige Gebäude wurden restauriert. Die vier erhaltenen Tempel sind immer noch von einer eindrucksvollen von 100 Stupas gekrönten Mauer umgeben.

Steintafel am Eingang von Erdene Zuu
Steintafel am Eingang von Erdene Zuu

Die Schneckenhörner rufen zum Gebet

Das Museum war am Sonntag leider geschlossen, aber die buddhistische Zeremonie, der wir beiwohnen durften war eine gute Entschädigung. Nach dem unser Fahrer Baatra gegen eine Geldspende ein Stück Papier erhalten hatte, warteten wir vor dem Tempel, und betraten ihn gemeinsam mit den anderen, nachdem zwei junge Mönche mit ihren Schneckenhörnern ein Signal gegeben hatten. Wir nahmen etwas abseits an der Wand Platz und beobachteten fasziniert die vielen Ereignisse um uns herum. Der Raum wurde von dem Singsang der Mönche erfüllt, die gemeinsamen Verse rezitierten. Manchmal unterbrachen ein Gong oder Trommelschläge die Monotonie der Stimmen. Zur gleichen Zeit hatte Baatra sein Stück Papier einem Mönch vorgelegt, der ihm nun aus einer der heiligen Schriften vorlas. Als er fertig war machte er eine Notiz auf dem Zettel und Baatra ging noch einmal im Uhrzeigersinn durch den Tempel und berührte die heiligen Schriften in den Regalen, verbeugte sich vor den Schreinen und berührte die Wände mit der Stirn. Dann verließen wir den noch immer sehr geschäftigen Tempel. Eine Kultur so nah zu erleben, die so anders ist als die eigene, war eine ganz besondere Erfahrung für mich. Vieles erscheint einem so unverständlich auf den ersten Blick. Doch es fängt an einen Sinn zu ergeben, wenn man sich darauf einlässt und versucht alles aus der Sicht der anderen zu erfahren.

Den restlichen Tag verbrachten wir in unserem UAZ-Bus, mit Ausnahme eines kurzen Zwischenstopps in Tsetserleg, wo wir uns etwas die Beine vertreten konnten, während wir die Treppen zu einem Tempel hinauf stiegen. Sogar in dieser kleinen Stadt war der Smog, hauptsächlich verursacht durch die vielen Kohleöfen, nicht zu übersehen. Das lässt einen nachdenklich werden, wie lange die unberührte Natur hier noch Bestand hat und ob den Einwohnern bewusst ist, wie wertvoll diese ist. Doch ich will jetzt keine Diskussion über den Klimawandel und Umweltverschmutzung starten. Unser Weg führte uns in der Dämmerung an der Chuluut Schlucht vorbei (deswegen das schlechte Bild) und dann erreichten wir, nach einer sehr nervenaufreibenden Geländefahrt im Dunkeln, endlich unserer Ziel, den Nationalpark Chorgo Terkhiin Tsagaan Nuur. Wir mussten uns bis zum nächsten Tag gedulden, um den angeblich schönsten See der Mongolei zusehen, da es schon zu dunkel war. Wir verbrachten einen weiteren Abend mit unserem Fischpoker und freundeten uns mit einer Katze an, die sich in unser Ger geschlichen hatte. Die Nacht musste sie dann aber doch draußen verbringen. Tatsächlich gab es schon wieder eine Toiletten Anekdote zu erzählen, denn wir konnten sie einfach nicht finden. Mit Hilfe des Tageslicht am nächsten Morgen entdeckten wir sie dann am anderen Ende des Grundstücks, gut zehn Minuten von unserem Ger entfernt. Zum Glück hatte sie diesmal eine Tür!

Ein typischer Abend im Ger

Höhlen, ein Vulkan und eine Runde Miau Miau

Es war eine wirklich angenehme Abwechslung nach dem Frühstück nicht ins Auto steigen zu müssen. Ich nutzte den freien Vormittag, um die Gegend zu erkunden und endlich den berühmt berüchtigten See Tsagaan Nuur zu sehen. Das erste, das mit auffiel waren außergewöhnliche schwarze Steintürme. Nach näherer Betrachtung viel mir auf, dass sie am Ufer des Sees errichtet wurden. Er war vollständig zugefroren und mit Schnee bedeckt und so von seiner Umgebung kaum zu unterscheiden. Sein Name bedeutet übersetzt "Weißer See", was bei seinem Anblick und der Tatsache, dass er meist bis Ende Mai mit Schnee bedeckt ist, durchaus gerechtfertigt ist. Um eine noch bessere Aussicht zu haben, kletterte ich auf den kleinen Berg neben unserer Unterkunft. Obwohl der Wind eiskalt war, saß ich lange auf den Steinen am Gipfel, da ich mich an dem Anblick einfach nicht satt sehen konnte. Es gibt diese Momente, in denen einem alles andere so weit entfernt vorkommt und alle Sorgen auf einmal so trivial erscheinen, denn so etwas simples wie auf einen See zu schauen, gibt einem das Gefühl vollkommener Glückseligkeit. Es ist schwer in Worte zu fassen.

Wir sind an dem Tag dann doch noch mit unserem Bus unterwegs gewesen und zu einigen Höhlen gefahren. Sie sind vor tausenden Jahren beim Ausbruch des Vulkans entstanden und sind meist heilige Orte, in dessen Nähe Ovoos errichtet wurden. Dies sind Steinhaufen, die die Geister ehren sollen und an denen man einen weiteren Stein oder eine Opfergabe zurück lässt, wenn man sie passiert. Wir konnten sogar die Überreste eines vor kurzem statt findenden Schamanenfestes sehen. Um den Rest des Nachmittags sinnvoll zu nutzen, wollten wir noch einen kleinen Spaziergang zu einem großen Felsen am Ufer des Sees machen. Der See war von einer so dicken Eisschicht bedeckt, dass ich den direkten Weg nehmen wollte. Die Spanier haben dem ganzen aber nicht so vertraut und deswegen sind wir doch außen herum gegangen. (Obwohl ich auf dem Eis herum gesprungen bin, um ihnen zu beweisen, dass es sicher ist...) Am Abend gab es eine kleine Feier, weil Baatra Geburtstag hatte. Wir tranken Wein und Wodka zum Essen, während im Hintergrund eine schlecht synchronisierte koreanische Telenovela lief und leiteten jede neue Runde mit einem lauten "Prost!" ein.

Am nächsten Tag folgte eine weiteres Highlight unserer Tour, der Chorgo Vulkan. Er ist nur ca. 10km von dem See entfernt, aber die Fahrt dorthin war aufgrund des Schnees und der schlechten Straßen, wieder etwas länger. Schon nach dem kurzem Aufstieg waren wir durchgefroren, da mal wieder ein eiskalter Wind blies. Die Kälte ließ uns oben am Krater nur kurz verweilen, obwohl der perfekt geformte Kegel des Vulkans ziemlich eindrucksvoll war. Den Rest des Tages verbrachten wir, wie konnte es auch anders sein, mit einer ziemlich langen Autofahrt. Man kann sich das vielleicht nicht so richtig vorstellen, aber diese holprigen Fahrten durchs Gelände können ziemlich anstrengend sein und wir waren wirklich sehr froh, als wir endlich am Ger ankamen. Obwohl der Anblick der Toilette der Freude einen kleinen Dämpfer versetzte. Den Abend verbrachte ich damit, den Spaniern "Mau Mau" beizubringen. Nur mit dem "Mau Mau" waren sie nicht so ganz glücklich und es wurde zu einem "Miau Miau". Baatras kleiner Neffe hatte sehr viel Spaß daran, meine Karten für mich abzulegen. Dabei schleuderte er sie mit voller Wucht auf den kleinen Hocker, den wir als Tisch benutzte, und rief etwas auf Mongolisch, das natürlich keiner von uns verstand. Seine anderen Beschäftigung war es mich umzuwerfen und meinen Kopf auf den Boden zu drücken. Am Anfang war ich etwas irritiert, aber Baatra erklärte mir, dass er mongolisches Wrestling ganz toll findet und quasi mit mir "kämpft". Das mongolische Ringen ist hier eine sehr traditionelle Sportart und die wichtigsten Wettkämpfe finden am Naadam Feiertag statt und erfreuen sich großer Beliebtheit.

Motorschaden auf den letzten Kilometern

Obwohl ich gut geschlafen hatte, fühlte ich mich schlapp und krank. Nachdem ich erklärte, dass ich keinen Hunger hatte, waren alle besorgt und kümmerten sich rührend um mich. Als wir uns auf den Weg machten, lag ich in allen Jacken eingewickelt auf der Rückbank und versuchte mich so gut es ging auszuruhen. Das war nicht ganz einfach, da ich aufpassen musste, dass ich bei der holprigen Fahrt nicht von der Sitzbank rutschte. Als wir am Nachmittag die Mini Gobi (kleine Wüste) erreichten, ging es mir schon deutlich besser und ich konnte mit den anderen aussteigen. Die Muster aus dem rötlichem Sand und Schnee sahen wirklich toll aus, obwohl der Rest eher unspektakulär schien. Trotzdem gefiel es mir durch das Gemisch aus Sand und Schnee zu stapfen. Am Abend stapfte dann das Kamel, auf dessen Rücken ich saß, für mich durch den Schnee. Zu Beginn war ich ein wenig nervös, ein Kamel ist plötzlich sehr einschüchternd, wenn man direkt daneben steht. Wir konnten uns dann aber doch noch einigermaßen anfreunden.

An unserem letzten Morgen mussten wir früh aufstehen, damit die Spanier rechtzeitig zum Flughafen kamen. Nach etlichen Kilometern Fahrt streikte ausgerechnet an diesem Tag der Motor. Nachdem Baatra schon über eine halbe Stunde versucht hatte, ihn zu reparieren, wurden alle etwas nervös. Es wurde ein Ersatzauto aus Ulaanbaatar organisiert, aber auch das würde noch einige Zeit brauchen, bis es uns erreichte. Durch einen glücklichen Zufall fuhr ein Freund unseres Fahrers vorbei und half uns. Wie sich heraus stellte, hatten wir einen zweiten Motor dabei! Nachdem er eingebaut war, konnten wir dem Auto aus UB entgegen fahren und kamen ohne weitere Probleme pünktlich am Flughafen an. Eine halbe Stunde später war ich in meinem Hostel und freute mich über eine warme Dusche und ein weiches Bett.

Mir blieben noch einige Tage in Ulaanbaatar bevor ich wieder in den Zug steigen musste. Trotz der Kälte und den sehr flexiblen Öffnungszeiten konnte ich noch einiges entdecken...

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