Sibirien Teil 2 - Unendliche Weiten, unendliche Schönheit und eine einsame Insel

Es ging nach Olchon, eine Insel im Baikalsee und im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel für viele Urlauber. Schon allein die Fahrt dorthin ist ein Erlebnis, es geht über fünf Stunden durch die unendlichen Weiten Sibiriens, ein Teil davon nur auf Schotterpisten und man setzt mit einer kleinen Fähre auf die Insel über. Ich saß eingezwängt zwischen meinem Gepäck auf der Rückbank des Minibusses und trotzdem habe ich mich so frei gefühlt, als ich meinen Blick über die scheinbar unendliche Landschaft schweifen ließ.

Auf einer einsamen Insel

Die Fahrt wurde gegen Ende sehr holprig, so dass ich froh war, gut geschüttelt im Hostel angekommen zu sein. Dort gab es nur noch einen weiteren Gast, der aber am nächsten Morgen wieder abreiste und von da an war ich allein. Ich hatte drei Nächte gebucht und somit zwei ganze Tage zur Erkundung der Insel. 

Die größte "Stadt" der Insel liegt ziemlich mittig an der Westküste und heißt Khuzhir. Sie ist aber eher ein kleines Dorf. Alle anderen Siedlungen auf der Insel bestehen aus ein paar Häusern, in denen im Winter meist gar keiner wohnt. Nur als kleine Veranschaulichung auf der ganzen Insel gibt es keinen einzigen Geldautomaten und Strom erst seit 2007. Wirklich fließend Wasser gibt es auch nicht, deswegen sind Plumpsklos normal, auch in meinem Hostel. Es ist schon eine Überwindung aus seinem warmen Bett aufzustehen, um bei -13°C durch den Garten zulaufen, dafür wurde ich mit einem traumhaften Sternenhimmel belohnt.

An meinem ersten Tag wollte ich eigentlich nur einen kleinen Spaziergang am Strand entlang Richtung Süden der Insel machen. Dieser Spaziergang dehnte sich jedoch zu einer fünfstündigen Wanderungen durch die verlassene Landschaft aus. In der ganzen Zeit begegnete ich keinem einzigen Menschen, nur ein paar Kühen, die mich sehr verständnislos anschauten. Am Ende des Strandes wanderte ich weiter durch die immer hügeliger werdende Landschaft, vorbei an Klippen, die ab und zu durch kleinere Buchten unterbrochen wurden. Dabei folgte ich ein paar zugeschneiten Fahrspuren. Olchon hat eine Hauptstraße, die man nicht wirklich als Straße bezeichnen kann, sie ist mehr eine Schotterpiste. Alle anderen Wege sind eher Fahrspuren des Vorgängers. Diese totale Einsamkeit der Landschaft, aber auch die des Hostels hatten irgendwie etwas Befreiendes.

Über Stock und über Stein... und Schnee!

Tag zwei war für einen Ausflug zur Nordspitze der Insel reserviert. Ich wurde von einem russischen UAZ Bus morgens am Hostel abgeholt und mit vier anderen Touristen ging die abenteuerliche Fahrt los. Nördlich von Khuzhir hört die "Straße" auf und wir fuhren quasi querfeldein über die verschneiten Hügel in den Spuren unserer Vorgänger. Gelegentlich wich der Fahrer auf andere Spuren aus, oder fuhr einfach ganz woanders. Dabei wurden wir ganz schön durchgeschüttelt und zwischendurch hielten wir gemeinsam den Atem an, weil wir alle der Überzeugung waren, dass das Fahrmanöver nicht gut gehen wird. Bergauf wurde es manchmal ziemlich rutschig. Wenn die Reifen begannen durchzudrehen, legte der Fahrer einen Hebel um, der auf Allradantrieb umschaltet und irgendwie schafften wir es immer über die Kuppe. Zu meinem großen Erstaunen hatten die Reifen kaum Profil. (In Deutschland hätte man damit bestimmt Probleme mit dem Gesetz bekommen...)

Wir kamen aber wohlbehalten an unseren verschiedenen Aussichtspunkten an. Die Fahrt durch den Wald war nochmal eine echte Herausforderung. Wir gerieten manchmal so in Schieflage, dass ich mich mit aller Kraft festhalten musste, um nicht auf meinen Sitznachbarn zu fallen. Die Fahrt scheint im Sommer schon sehr anspruchsvoll zu sein, aber der Schnee verlangte unserem Fahrer zusätzlich Einiges ab. Wir wurden damit belohnt, dass wir überall die Einzigen waren. Im Sommer stehen manchmal bis zu 80 dieser Busse am Mys Khoboy, dem nördlichsten Kap.

Das letzte Stück zum Kap muss man zu Fuß gehen. Wir ließen uns viel Zeit, um die Aussicht zu genießen und die Gegend zu erkunden. Der Wind wurde aber irgendwann eiskalt und das bisschen Haut, das unbedeckt war, tat nach kurzer Zeit richtig weh. Zum Glück konnten wir uns bei einer Tasse Tee, die der Fahrer über einem Feuer gekocht hat, aufwärmen, bevor es auf den Rückweg ging. Übrigens ist die Insel zur westlichen Seite eher flach auslaufend, auf der östlichen Seite befinden sich Berge und die Küste ist vorwiegend steil und vor ihr befindet sich mit über 1600m (!) tiefste Punkt des Baikalsees.

Blick vom nördlichsten Punkt auf die Insel
Blick vom nördlichsten Punkt auf die Insel

Schon wieder ein glücklicher Zufall

Nach dem wir den schwierigen Teil durch den Wald schon hinter uns gelassen hatten, war der Fahrer für einen Moment unachtsam. Es ging bergab durch den tiefen Schnee, wir rutschten etwas und verpassten die Spur des Vorgängers. Schon steckten wir im Schnee fest, trotz verzweifelten Versuch mehr Gas zugeben, bewegte sich der Bus keinen Zentimeter vorwärts. Jetzt hieß es die Schaufel auspacken und das Auto befreien. Anscheinend passiert das öfter, denn der Fahrer blieb ruhig und wir waren nach einer guten Viertel Stunde zur Weiterfahrt bereit. Durch die Verzögerung ergab sich jedoch die Möglichkeit einen tollen Sonnenuntergang zu genießen.

Ich musste Olchon schon wieder verlassen, denn ich sollte ja bald in einen Zug nach Ulan-Bator sitzen. Ob ich etwas Neues aus den Transsib zu berichten habe, erfahrt ihr im nächsten Blog Post...

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Kommentare: 1
  • #1

    Jochen (Donnerstag, 12 November 2015 13:32)

    Baikalsee als Urlaubsziel notiert !!! Super und mit ein wenig Schnee schaut es gleich noch viel schöner aus.
    Halt uns weiter so toll auf dem Laufenden.
    LG Jochen